Pressemitteilung
Sehr großes Interesse am Mobilfunkvortrag von Prof. Dr. Klaus Buchner
Auf sehr großes Interesse stieß am Dienstag im Seidlbräu der Vortrag von Prof. Dr. Klaus Buchner. Auf Einladung des ÖDP-Ortsverbandes Mainburg referierte der ÖDP-Bundesvorsitzende über „Gesundheitsvorsorge bei Mobilfunk“.
Nach seinen Begrüßungsworten berichtete der künftige ÖDP-Stadtrat Gerhard Lang über die kurze, jedoch sehr kontrovers geführte Diskussion des Mobilfunks in Mainburg. Die Stadt habe sich vor Jahren für ein Mobilfunkkonzept entschieden, das nicht nur nach Ansicht der ÖDPler nicht den Maßstäben der Gesundheits- und Sozialverträglichkeit entspreche. Man wolle den Mobilfunk in Mainburg, aber mit strengen Vorgaben für die Gesundheit von Mensch und Tier.
Prof. Dr. Buchner begann seine Ausführungen mit dem von den Mobilfunkbetreibern gern vorgebrachten Argument: „Wenn Handys gefährlich wären, müssten die Benutzer tot sein.“
Dass dies so einfach nicht ist, habe der Kernphysiker beim Studium der Ergebnisse wissenschaftlicher Experimente mit Strahlen erfahren. So wie mittlerweile jeder wisse, dass Rauchen schädlich sei, gebe es dennoch Kettenraucher, die sehr gesund erscheinen.
Ähnlich sei es mit dem Mobilfunk und anderen Strahlen (Fernseh- und Rundfunksender …)
Nicht alle diesen Strahlen ausgesetzten Menschen werden beeinträchtigt oder krank.
Allerdings stimme es nicht, wenn die Mobilfunkbetreiber behaupten, die Befindlichkeits-störungen und Erkrankungen bei Menschen, die Handystrahlen ausgesetzt sind, seien Einbildung oder psychisch bedingt. Wenn das Argument nämlich zutreffe, weshalb kann man dann bei Tieren Auswirkungen von Handybestrahlung erkennen? Oder bei Pflanzen?
Er berichtete von einem Experiment, bei dem ein objektivierbarer Einfluss, kein psychischer, festgestellt werden konnte: Der Wissenschaftler von Klitzing legte Menschen schlafen. In deren Kopfnähe war ein Handy, das von außen über Kabel ein- und abgeschaltet werden konnte. Wenn sich die Schlafenden in der REM-Phase befanden, sei das Handy eingeschaltet und die Auswirkung auf die alpha-Welle im Gehirn untersucht worden. Diese sei durch die Handy-Strahlung verändert worden. Nach dem Ausschalten des Handys habe sich die Welle wieder normalisiert, bei erneutem Einschalten wieder verändert. Das bedeutet, der Versuch ist reproduzierbar.
Unterschiedliche Ergebnisse lieferten Versuche zur Öffnung der Blut-Hirn-Schranke, wenn man sie mit einem bestimmten blauen Farbstoff durchführt. Dieser Stoff werde nach einer halben Stunde wieder aus dem Gehirn ausgeschwemmt, nach einem bekannten Zeitraum ist er wieder im Gehirn nachweisbar, danach nicht mehr. Man erhält unterschiedliche Aussagen, je nachdem, wann man das Gehirn auf diesen Farbstoff untersucht. Wenn man also nichts finden will, muss man bloß zum richtigen Zeitpunkt messen. Zur näheren Erläuterung beschrieb Prof. Dr. Buchner die Blut-Hirn-Schranke als einen Filter, der bestimmte Stoffe, die sich im Blut befinden, nicht ins Hirn lassen soll. Prof. Salford aus Lund in Schweden habe herausgefunden, dass bereits bei einem Zwanzig-tausendstel der maximalen Leistung der Handys die Blut-Hirn-Schranke durchbrochen werde.
Für Prof. Dr. Buchner von Bedeutung sind vor allem aber die Auswirkungen langfristiger Einwirkung von Handystrahlen. Zum Thema Krebs durch Mobilfunk erklärt Prof. Buchner., dass man vorsichtig sein müsse, weil Krebs mindestens fünf Jahre brauche, bis er ausbreche. Mittlerweile gebe es das D-Netz lange genug, so dass Aussagen über Zusammenhänge mit Krebs möglich werden. Er betont, dass auch Fernseh- und Rundfunksender mit Strahlen funktionieren und man mit einem DECT- Telefon einen eigenen kleinen Sender im Haus habe, der Tag und Nacht sendet. Um eine Aussage über Krebs und Mobilfunk zu treffen, braucht man eine Bevölkerung, die ähnlich belastet ist. Die weltweit beste Studie, die wir darüber haben, ist die Naila-Studie. Das Ergebnis der Studie sei: bei den Versuchsgruppen, die in verschiedenen Abständen zu Sendemasten wohnen, ist die Krebshäufigkeit in den ersten fünf Beobachtungsjahren gleich. Nach zehn Jahren hat sich die Krebsrate bei den Anwohnern in der Nähe von Mobilfunk-masten verdreifacht. Außerdem ist beobachtet worden, dass die Menschen in jüngerem Alter an Krebs erkranken. Die deutschen Grenzwerte werden selten ausgeschöpft. In Naila lag die durchschnittliche Bestrahlungsstärke bei 146 Nano Watt pro cm².
Welche Folgen kann Handy-Strahlung hervorrufen? Erbschäden. Die sind auch früher bei Hochfrequenzstrahlungen nachgewiesen worden. Es gibt die sog. Reflex-Studie, die von der EU finanziert wurde: Im Reagenzglas sind menschliche Zellen bestrahlt worden. Man arbeitete mit Doppelblindversuchen und untersuchte verschiedene Zellsorten. Dabei stellte sich heraus, dass die Anzahl der Kleinkerne bestimmter Zellen sich bei 72 Stunden Handybestrahlung genauso verändert hat wie bei 1000 Röntgenaufnahmen. Zur Erklärung sei hinzugefügt, dass das erhöhte Vorkommen von Kleinkernen auf schwere genetische Schäden hinweist.
Prof. Dr. Buchner konnte berichten, dass Tiere auf Bauernhöfen in der Nähe von Sende-masten mit überlangen Vorderbeinen zur Welt kamen, oder gleich tot mit Deformation mehrerer innerer Organe. In Neuseeland waren bei Versuchen Mäuse in der fünften Generation steril. Beim Menschen liegen die Auswirkungen auch in Potenzstörungen und Zeugungsunfähigkeit. Bei Männern mit Handys in der Hosentasche waren die Spermien in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Bei Frauen kam es, wie bei Patienten mit Kurzwellentherapie, zu einer Verschiebung des Hormonspiegels bis hin zum Ausbleiben des Zyklus. Prof. Buchner erklärte, weshalb die deutschen Grenzwerte für Mobilfunk so hoch seien. Er sagte, dass eine Lobbygruppe der Mobilfunkbetreiber die Grenzwerte festgelegt habe. Die einzige Wirkung von Mobilfunkstrahlung sei deren Behauptung nach die Wärmewirkung. Daraufhin hat die Lobby einen Gummikopf mit Wasser gefüllt und bestrahlt. Dabei wurden die Eindringtiefe und die Schwingungszahl der Strahlen gemessen. Daraufhin seien die Grenzwerte festgelegt worden. Im Einzelnen seien das für UMTS: 1 Million NanoWatt pro cm²,also 10 Watt pro m², beim E-Netz 950 000 NanoWatt pro cm², also 9,5 Watt pro m², und beim D-Netz 470 000 NanoWatt pro Quadratzentimeter, also 4,7 Watt pro Quadratmeter. Auch anderer Länder hätten ähnliche Grenzwerte, (USA, Kanada, Österreich, England, Schweden, Finnland, Japan). Allerdings gebe es auch Länder mit wesentlich geringeren: Belgien ohne Wallonien 111 500 NanoWatt pro Quadratzentimeter, Wallonien 2 400 NanoWatt pro Quadratzentimeter, Bulgarien, Ungarn, Polen, Russland, China 10 000 NanoWatt pro Quadratzentimeter, Schweiz. Liechtenstein und Luxemburg 9 500, Neusüdwalles (Australien) 1. In Spanien sei aufgrund erhöhter Anzahl von Leukämiefällen bei Kindern in Castilia La Mancha der Grenzwert auf 100 NanoWatt/cm² gesenkt worden. In Spanien wurden wegen der Gesundheitsstörungen durch Mobilfunk bereits 2000 Mobilfunkmasten abgebaut, weitere 5000 sollen folgen. Für einen gut funktionierenden Handyempfang sind nötig: D- Netz 0,0000084 NanoWatt pro Quadratzentimeter, im E-Netz das Vierfache, in Deutschland liege aber der Grenzwert bei 950 000 NanoWatt pro Quadratzentimeter. Den Betreibern sind so hohe Grenzwerte schon Recht, denn dann müssten sie sich um nichts kümmern, bräuchten nicht zu optimieren.
Prof. Dr. Buchner schloss seinen Vortrag mit dem Fazit, dass man politisch ansetzen müsse. Es sei nicht möglich, Mobilfunk zu verbieten, aber man müsste gesundheitsverträglichen Mobilfunk fordern, der, wie es andere Länder vorführen, auch möglich ist. Anschließend referierte der ÖDP-Kreisvorsitzende Peter-Michael Schmalz über Mobilfunk und Baurecht, über die Einflussmöglichkeiten von Kommunen bei der Standortfrage von Mobilfunkmasten. Der Zwiespalt, so Schmalz, sei offensichtlich: Viele Menschen wollen mit dem Handy telefonieren und erreichbar sein, wollen aber auch vor Mobilfunkstrahlung geschützt werden. Obwohl die meisten Gebiete mobilfunktechnisch so weit versorgt sind, dass ein weiterer Ausbau eigentlich unnötig wird und nur noch fragwürdigen Nutzungsmöglichkeiten des Handys dient, drängen die Netzbetreiber auf immer neue Standorte. Die Kommunen stehen hier häufig dazwischen, sehen sie sich einerseits gezwungen, den Forderungen der Mobilfunkbetreiber genüge zu tun, andererseits sind sie aber auch für die Gesundheitsvor-sorge in der Bevölkerung verantwortlich. Es gebe aber auch Wege aus diesem Dilemma. Schmalz empfiehlt ein flächendeckendes verbindliches und gemeindliches Standortkonzept für Mobilfunksendeanlagen in der Bauleitplanung. Als Basis hierfür rate er dringend die Beauftragung eines von den Netzbetreibern unabhängigen Fachbüros an. Dieses Büro müsse ein funktechnisches Standortgutachten erstellen. Dies beinhalte die Bestandsaufnahme von Sendeanlagen, eine dreidimensionale Erhebung gemeindespezifischer Gegebenheiten mit einer Genauigkeit im Meterbereich, funktechnische Berechnungen und die Erstellung eines Pflichtenheftes für die Gemeinde. Schmalz erläutert, dass jede Gemeinde ihre ganz eigenen zu berücksichtigenden Gegebenheiten, topographischer wie baulicher Art habe. So sei z. B. das Reflektionsverhalten, wie etwa in Häuserschluchten, ein nicht zu unterschätzender Aspekt für die Strahlenbelastung. Die Funknetzplanung der Netzbetreiber basiere dagegen in aller Regel nur auf weniger genauen und billigeren Geländemodellen, in denen viele maßgebliche Aspekte nicht berücksichtigt werden. In dem aufwändigen Standortgutachten hingegen können aufgrund extremer Digitalisierung die Auswirkungen des geplanten Standortes genau gemessen werden. Darüber hinaus können die gewonnenen Daten für weitere unverzichtbare Komponenten, wie Straßen- oder Kanalbau verwendet werden.
Im Außenbereich kann jede Gemeinde auf Basis dieses unabhängigen Gutachtens rechts-verbindliche sog. Positivstandorte im Flächennutzungsplan festsetzen. Im Innenbereich können auf Basis des Gutachtens dann Sperrungen von reinen und allgemeinen Wohngebieten für Mobilfunksender per Bebauungsplan festgelegt werden. Unter gewissen Voraussetzungen können sogar bestimmte Bereiche von Misch- und Dorfgebieten von Mobilfunksendern freigehalten werden. Gewerbegebiete entzögen sich jedoch in aller Regel beim Mobilfunk einer gemeindlichen baurechtlichenhoheitlichen Regelungskompetenz. Hier könne man jedoch ersatzweise zivilrechtliche Regelungen in den Kaufverträgen für die Gewerbegrund-stücke fixieren. Für die zeitliche Absicherung dieser gemeindlichen Planungen stünden, so der Fachmann weiter, gemeindliche mobilfunkspezifische Veränderungssperren und Anträge auf Rückstellungen von Baugesuchen zur Verfügung. Voraussetzung hierfür sei jedoch eine hinreichend konkretisierte Planungsabsicht der Gemeinden für ein Standortkonzept zum Mobilfunk.
Zum Schluss seines sehr intensiven und anspruchsvollen Vortrages fasste der Referent seine Ausführungen zusammen mit den Worten: „Ein gemeindliches Vorsorgekonzept ist keine rechtswidrige Verhinderungsplanung, sondern eine rechtlich zulässige Lenkungsplanung. Oft scheuten jedoch die Gemeinden die Kosten hierfür. Es gelte jedoch auch hier das Prinzip: „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.“
An die Anwesenden appellierte er, angesichts der gesundheitlichen Risiken , den Vorsorge-Empfehlungen des Bundesamtes für Strahlenschutz zu folgenden: nach Möglichkeit nur mit dem Festnetz telefonieren, und wenn nicht anders möglich, dann nur sehr kurz mit dem Handy telefonieren und Kinder gar nicht mit dem Handy telefonieren zu lassen. Auch dürfe nicht vergessen werden, dass mit jedem Handytelefonat die Wahrscheinlichkeit steige, dass auch im eigenen Nahfeld ein neuer Sender gebaut wird. Schließlich gelte: Viele Handytelefonate, bedeuten viele Sender!
Gerhard Lang resümierte zum Schluss der Veranstaltung nochmals den Abend. Man beabsichtige eine zunehmende Sensibilisierung der Mainburger Bevölkerung hinsichtlich der Folgen des Mobilfunks und hoffe einen Anstoß für weitere Initiativen, auch seitens der Stadt, gegeben zu haben.