Pressemitteilung
Mütter sind systemrelevant
Leserbrief der Schatzmeisterin des ÖDP-Ortsverbandes, Annette Setzensack, in der HZ vom 22.05.09
Warum entscheiden sich nach wie vor so viele Paare gegen Kinder? Die Gründe dafür sind vielschichtig. Ein wesentlicher Aspekt wird jedoch oft übersehen: der geringe Stellenwert der Mutterschaft in der Gesellschaft. Die Emanzipationsbewegung hat viel Positives hinsichtlich der Erwerbstätigkeit von Frauen erreicht, steht jedoch noch am Anfang, wenn es um die Gleichberechtigung von Familienarbeit geht. Als Arbeit zählt nämlich nur das, was bezahlt wird, ergo arbeiten erziehende Mütter nicht. Tatsächlich wird private Erziehungsarbeit hinsichtlich des Einkommens im wesentlichen mit Nichtstun gleichgesetzt. Dabei wird niemand ernsthaft bestreiten, dass Mütter eine anspruchsvolle und oft anstrengende Arbeit verrichten.
Um 1000 Euro Rente zu verdienen, muss frau heute 14 (!) Kinder erziehen. Das ist Ausbeutung, vor allem zugunsten der Kinderlosen in der Gesellschaft, und keine erstrebenswerte Tätigkeit. Und daran ändert auch das Elterngeld nichts, denn es greift zeitlich zu kurz und degradiert die Mutterschaft zu einer eher unangenehmen Lücke in der Erwerbsbiografie, die mithilfe des Staates überbrückt und schnellstmöglich wieder geschlossen wird. Gut ausgebildete Frauen sollen gefälligst der Wirtschaft zur Verfügung stehen, für die Erziehungsarbeit ist sie zu schade.
Viele Frauen spüren, dass die moderne ideologisch gefärbte Hochglanzwerbung mit der täuschenden Aufschrift "Familienfreundlichkeit", die im Dienste der Wirtschaft möglichst frühe Fremdbetreuung der Kinder mit Doppelbelastung der Eltern in Beruf und Familie anpreist, für sie nicht der richtige Weg ist. Sie wollen keine Kinder haben, um dann möglichst wenig Zeit mit ihnen zu verbringen. Andererseits scheuen diese Frauen aber den Verlust ihrer finanziellen Autonomie, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit zeitweise einschränken oder aufgeben müssten. Es ist nicht die Familienarbeit, die abschreckt, sondern die Rahmenbedingungen.
Ziel der Politik muss es also sein, die Mutterschaft und die Familienarbeit aufzuwerten, ohne jedoch die Mütter wieder in die Abhängigkeit vom Partner und aus der Erwerbstätigkeit zu drängen. Und weil nur wert ist, was bezahlt wird, muss die private Kindererziehung mit einem am Durchschnittseinkommen orientierten und nach Alter und Anzahl der Kinder gestaffelten Erziehungsgeld honoriert werden, das unabhängig von der Erwerbstätigkeit des Erziehenden ausbezahlt wird. Entscheiden sich die Eltern für diese Fremdbetreung, können sie diese vom Erziehungsgeld finanzieren. Die gegenüber Selbsterziehenden diskriminierende staatliche Bezuschussung von Krippenplätzen kann damit entfallen. Statt die Eltern zugunsten der professionellen Kinderbetreung zu entmündigen, muss die private Kinderbetreuung ebenfalls professionalisiert, ja, institutionalisiert werden. Die Erwerbstätigkeit von Frauen darf dabei ebensowenig an Berechtigung verlieren wie die frühkindliche Betreuung außer Haus. Oft wird behauptet, ein "Erziehungsgehalt" sei nicht finanzierbar. In den vergangenen Monaten wurden innerhalb kürzester Zeit umfassende Beträge zur Rettung von "systemrelevanten" Banken investiert, ohne die Frage der Bezahlbarkeit ernsthaft zu stellen. Die Einführung des neuen Erziehungsgeldes wird kein Kinderspiel, aber zur Rettung unseres wackligen Gesellschaftssystems geht kein Weg daran vorbei. Mütter sind auch systemrelevant.