Pressemitteilung
Dr. Michael Röder, Kreisvorsitzender des ÖDP in Straubing, fordert Wiederherstellung des Gemeinwohlprinzips:
"Unser Gesundheitssystem leidet am Profit-Virus."
"Selbstverantwortung, Solidarität und Wirtschaftlichkeit mit notwendigen Leistungen für die Bevölkerung sind die Grundsätze unseres Gesundheitssystems", betonte einleitend der Arzt Dr. Michael Röder bei seinem Vortrag kürzlich in der Theresienhütte in Mainburg. Allerdings sei von einem Ziel der "Dividendenerwirtschaftung für Finanzinvestoren" nicht die Rede gewesen, als vor Jahrzehnten in der Bundesrepublik eine leistungsfähige Gesundheitsversorgung aufgebaut wurde. Leider hat der neoliberale Zeitgeist in den letzten 20 Jahren zugelassen, dass das Gemeinwohlprinzip aufgeweicht wurde. Immerhin sind Krankenhäuser eine wichtige Säule der Daseinsvorsorge. "Das Bemühen um Reform muss sich jetzt an den bewährten Grundsätzen des Sozialsystems orientieren: Hohe Qualität bei der notwendigen medizinischen Versorgung, anständige Löhne und Einkommen für Pflegeberufe und ärztliche Leistungen, aber Schluss mit Profitorientierung und Renditeerwartungen von Finanzinvestoren, die sich in Heime, Kliniken und medizinische Versorgungszentren einkaufen," so Michael Röder.
Röder erinnerte an den furchtbaren Fall völlig verwahrloster Heimbewohnerinnen und -bewohner in einer oberbayerischen Pflegeeinrichtung, der erst vor zwei Jahren aufgedeckt wurde. Dort hat die Profitorientierung des Trägers ihr hässlichstes Gesicht gezeigt. "Eine ordentlich betriebene Einrichtung kann an sich keine Gewinne erzielen" führte der Referent aus. Wenn aber tatsächlich Dividenden abfließen, dann geht das in aller Regel nur über Ausbeutung des Personals und eine gefährliche Reduzierung der Leistungen für die Pflegebedürftigen.
Eine andere Spielart der Profitorientierung im Gesundheitswesen sei das System von sogenannten "Zielvereinbarungen". Dabei werden mit leitenden und angestellten Ärzten eine Mindestmenge an Operationen oder anderen Leistungen in bestimmten Zeiträumen festgelegt. "Unter solchen Bedingungen besteht die Gefahr, dass einfachere und kostengünstige Behandlungen vermieden werden, um hochpreisige und auch nicht unbedingt notwendige Leistungen abrechnen zu können. Das schadet der Solidargemeinschaft und nicht selten auch der Gesundheit der Patienten," kritisierte Röder.
Vor allem das System der "Fallpauschalen" für die Kliniken habe eine Steigerung der Fallzahlen provoziert, und zwar zu Lasten der Pflege und der Arbeitsbedingungen, kritisierte Röder. Bernd Wimmer, Vorsitzender der ÖDP Mainburg und von Beruf Informatiker in einem großen Krankenhaus, forderte in diesem Zusammenhang eine ausschließlich am Patienten und den Notwendigkeiten des Falles orientierte Behandlung. "Das System der Fallpauschalen darf nicht ständig fortentwickelt werden, sondern muss in der Substanz geändert werden," so Wimmer.
Michael Röder kritisierte massiv den Betrieb der sogenannten "investorengetragenen medizinischen Versorungszentren (iMVZ)". Auch die Bundesärztekammer plädiere für das Verbot von "Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen", mit denen "fachfremde Dritte" Einfluss auf medizinische Einrichtungen nehmen können. So sinnvoll MVZ als moderne Form der ärztlichen Versorgung auch sein könnten, so problematisch ist seinen Worten zufolge deren Betrieb durch Finanzinvestoren. "Wenn Umsatzsteigerung und Konzentration auf Ballungsräume vorrangig sind, wird die flächendeckende Versorgung geschwächt und dem Solidarsystem Geld für die optimale Versorgung aller Beitragszahlenden entzogen," erläuterte er. Denn die iMVZ konzentrierten sich im Regelfall auf finanziell lukrative Leistungen, während die eigentliche Patientenversorgung anderen Ärzten überlassen wird.
Die ÖDP Bayern hat eine Petition namens "Für mehr Menschlichkeit im Krankenhausbereich" gestartet. Diese Petition fordert Michael Röder zufolge von der Staatsregierung eine gesetzeskonforme Finanzierung der Krankenhausinvestitionen im Freistaat. Experten zufolge liegt der jährliche Investitionsbedarf rund 50% über den vom Freistaat bereitgestellten derzeit ca. 640 Millionen Euro. Infolge dieser Unterfinanzierung kommt es den Worten Röders zufolge entweder zu einem Investitionsstau, zu hohen Defiziten zu Lasten der kommunalen Träger, oder es müssen Investitionen über Fallpauschalen durch Mittel der Krankenkassen zweckentfremdet getätigt werden, welche dann nicht für Pflege und Medizin verwendet werden können.
Kreisrätin Annette Setzensack wertete es als völlig falsches Signal, dass das bayerische Gesundheitsministerium für notwendige Investitionen am Krankenhaus in Mainburg wegen der noch unkonkreten Bundesreformpläne keine Förderzusage in Aussicht gestellt hatte, worauf im März der Kreistag gegen ihre Stimme die Planungen auf Eis gelegt hat. "Das Krankenhaus in Mainburg ist und bleibt aufgrund der Entfernung zu anderen Kliniken bedarfsnotwendig. Die ÖDP wird für eine baldige Wiederaufnahme der Investitionsplanung kämpfen," so die Kreispolitikerin.
In der lebhaften Diskussion nach Röders Vortrag wies Ralf Schramm, ÖDP Attenhofen, auf die Forderung seiner Partei hin, dass kein bisher öffentlich-rechtlich geführtes Krankenhaus in Bayern künftig an einen privaten Konzern verkauft werden dürfe. Gesundheit und Pflege werden durch Pflichtbeiträge finanziert; aus diesen Pflichtbeiträgen über private Konzernstrukturen Dividenden und Kapitalerträge zu machen, sei nicht zu akzeptieren.